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Bühnenaufführungsrechte: Gustav Kiepenheuer Bühnenvertrieb, 2015

 

Licht auf: Café

Karla und Richard sitzen sich gegenüber an einem kleinen Tisch. Es ist ihr erstes Treffen, ein Blind Date.

 
Karla: "Ich habe mir da ein paar Fragen aufgeschrieben."  (schaut in ihre Notizen.)

"Man ist ja immer etwas nervös in einer solchen Situation. Da könnte schon mal das eine oder andere vergessen gehen."

Richard: "Natürlich. Verstehe."

Karla: "Ich meine, es ist eine gewisse Hilfe. Vorausgesetzt, dass Sie nichts dagegen haben?"

Richard: "Nein, kein Problem. Fragen Sie."

Karla: "Mögen Sie Tiere?"

Richard: "Ja. Warum? Haben Sie einen Hund?"

Karla: "Nein."

Richard: "Katzen?"

Karla: "Nein. Die Frage war mehr so allgemein gedacht."

Richard: "Allgemein? Elefanten, Tiger, Schimpansen und so? Kühe? Auch Frösche und sowas?"

Karla: "Tiere halt. Die Natur. So allgemein."

Richard: "Ja. Nicht dass ich viel Zeit verbringen würde in der Natur, aber…ja. Oder dachten Sie an etwas Spezielles? Ein Terrarium mit Schlangen, die mit Mäusen gefüttert werden müssen?"

Karla: "Das war nur so eine Einstiegsfrage. Das sagt doch etwas aus über einen Menschen, auch wenn er keine Katzen oder so ein Terrarium zu Hause hat."

Richard: "Alles sagt etwas aus über einen Menschen. Ganz egal, was es ist. Meinen Sie nicht?"
 
Karla: "Haben Sie Vorhänge an den Fenstern?"

Richard: "Ja. Die hingen da schon dran, als ich in die Wohnung gezogen bin."

Karla: "Trinken Sie gerne ein Glas Wein zum Essen?"

Richard: "Und wie werten Sie das jetzt? Das mit den Vorhängen?"

Karla: "Ich weiß nicht."

Richard: "Haben Sie Vorhänge an den Fenstern?"

Karla: "Nein."

Richard: "Na ja, damit kann man leben, finde ich. Ich meine, was unsere Situation betrifft. Also, ich kann das. So oder so. Mit und ohne Vorhänge. Oder ist das relevant? Charakterlich?"

Karla: "Trinken Sie gerne ein Glas Wein zum Essen?"

Richard: "Sie meinen, ob ich Alkoholiker bin?"

Karla: "Nein, es geht mehr um den Aspekt der Gemütlichkeit. Um den Genuss. Sind Sie ein Genussmensch?"

Richard: "Also ich trinke ganz gern ein Glas Wein zum Essen. Sie nicht?"

Karla: "Doch. Natürlich. Ab und zu. Eher selten. Nur ausnahmsweise. Also fast nie. Eigentlich gar nie genaugenommen."

Richard: "Dann sind Sie also kein Genussmensch?"

Karla: "Doch. Wie kommen Sie jetzt da drauf?"

Richard: "Ich versuche nur, Ihren Gedanken zu folgen."

Karla: "Man muss doch nicht zwingend Wein mögen, um genießen zu können?"

Richard: "Dann verstehe ich Ihre Frage nicht. Sie haben doch gesagt, es gehe um den Aspekt der Gemütlichkeit?"

Karla: "Ja. Im weiteren Sinn."

Richard: "Und im engeren Sinn?"

Karla: "Sind Sie Alkoholiker?"

Richard: "Nein! Bin ich nicht! Nur weil ich ein Glas Wein mag, muss ich doch nicht zwingend Alkoholiker sein?"

Karla: "Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht…"

Richard: "Schon gut. Vielleicht haben wir uns bei dieser Frage etwas festgefahren. Und missverstanden."

Karla: "Ja. Zitiert die nächste Frage. Würden Sie sich eher als Morgenmenschen oder Nachtmenschen beschreiben?"

Richard: "Hören Sie, Sonja…sie heißen doch Sonja?"

Karla: "Nein."